Die deutsche Fristenregelung in ihrer heutigen Form ist 20 Jahre alt. Seit 1993 dürfen schwangere Personen innerhalb der ersten 14 Schwangerschaftswochen einen Abbruch vornehmen lassen. Dafür müssen sie aber eine Beratung nachweisen, die ausdrücklich auf eine Vermeidung der Abtreibung hinwirken soll (§ 219 StGB) und nach der mindestens drei Tage vergehen müssen bevor ein Abbruch durchgeführt werden darf. Gleichzeitig gibt es in diesem Land immer noch einzelne Kliniken in katholischer Trägerschaft, die im Jahr 2013 die Erstversorgung von Vergewaltigungsopfern ablehnen und ist Deutschland eines der wenigen europäischen Länder die die “Pille danach” mit fadenscheinigen Gründen nicht rezeptfrei zur Verfügung stellen. Nicht zuletzt werden immer noch pro Jahr zwischen vier bis acht Personen auf Grundlage der Paragraphen 218 – 220 des Strafgesetzbuches verurteilt.

Darüber müssen wir sprechen, denn im Vergleich zu vielen europäischen Nachbarländern ist das deutsche Recht in Fragen des Schwangerschaftsabbruches rückständig:
Ist es noch zeitgemäß, dass Beratungsgespräche nicht ergebnisoffen, sondern explizit mit dem Ziel einer Fortführung der Schwangerschaft geführt werden müssen? Dass Beratungsgespräche überhaupt gefordert werden? Nicht nur in der ehemaligen DDR war ein Abbruch ohne verpflichtende Beratung möglich, sondern auch in den Nachbarländern Österreich und Schweiz wird nur eine medizinische Beratung gefordert.
Ist eine Frist von 14 Schwangerschaftswochen gut begründet, oder zeigen die kanadischen Regelungen dass eine Gesellschaft auch ohne Fristenregelung sensibel mit Schwangerschaftsabbrüchen umgehen kann?
Nicht zuletzt auch: Ist das Konzept der Straffreiheit in diesem Kontext noch notwendig, oder gäbe es in dieser Gesellschaft einen Konsens für eine Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen?

Die Grüne Jugend hat sich neulich an dieser Debatte versucht und ist letztlich gescheitert. Aber die Diskussion geht die gesamte Gesellschaft an und darf nicht länger vergessen werden.

1 thought on “Warum es eine neue Abtreibungsdebatte braucht”

  1. vier bis acht Menschen pro Jahr sind sicherlich ein Anzeichen, dass ein System nicht funktioniert und dringend reformiert werden muss.

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