Das erfolgreiche Projekt muss weitergeführt und das Angebot ausgebaut werden. Ein Gastbeitrag von den Grünen-Bundestagsabgeordneten Paula Piechotta und Stefan Gelbhaar.

Von Rügen bis ins Allgäu: Seit der Einführung am 1. Mai 2023 besitzen elf Millionen Menschen ein Deutschlandticket. Damit waren sie im vergangenen Jahr deutschlandweit und über alle Tarifverbundgrenzen hinaus für maximal 49 Euro im Monat unterwegs. Ein riesiger Erfolg, der international anerkannt wird und Deutschland zum Mobilitätsvorreiter in Europa macht.

Zusätzlich haben wir das deutschlandweit gültige Jobticket für maximal 34,30 Euro und ein ermäßigtes Deutschlandticket für Studierende für 29,40 Euro eingeführt. Darüber hinaus haben wir dem Bundesverkehrsministerium einen parlamentarischen Auftrag erteilt: eine familienfreundliche Mitnahme von Kindern bis 14 Jahre soll kommen – das Ministerium ist am Zug, mit den Ländern hier eine Regelung zu finden.

Die Nutzerzahlen sind gestiegen und haben sich stabilisiert. Der politische Diskurs sollte das nachvollziehen – die Finanzierungsdebatte gehört versachlicht und institutionalisiert. Die Verkehrsmininsterkonferenz sollte nicht der Ort von wiederholten Ticketpreisdebatten sein.

Stattdessen sollten die Fachebenen aus den Verkehrsverbünden, den Ländern und dem Bund in einem Kompetenzzentrum Nahverkehr gebündelt werden und dort die Entwicklung des Tickets, die Einnahme- und Kostenentwicklung analysieren und Vorschläge zur Kundengewinnung und Preisstabilität machen. Dieser Weg führt zu einer stetigeren Finanzierung, größerer Transparenz und mehr Vertrauen. Dadurch werden mehr Menschen das Ticket nutzen, was das Finanzierungsdefizit verringert und mehr Kapazitäten für Investitionen in den Angebotsausbau ermöglicht.

Eine zentrale Errungenschaft des D-Tickets ist die finanzielle Entlastung von Bürgerinnen und Bürgern. Eine wichtige Unterstützung, besonders für Personen geringen und mittleren Einkommens. Dass dies weitreichend genutzt wird, zeigt die Betrachtung der Nutzerstruktur des D-Tickets:

Die Hälfte der Nutzerinnen und Nutzer war vorher mit Einzel- oder Zeitkarten unterwegs und ist nun seit einem Jahr grenzenlos mobil. Weitere knapp 40 Prozent sparen seither kräftig, denn sie hatten bereits vorher ein Abo und profitieren nun von den finanziellen Vorteilen des Angebots.

Ganze acht Prozent der Ticketnutzer:innen sind ÖPNV-Neukund:innen und teilweise vom Auto auf den Nahverkehr umgestiegen. Hier zeigt sich, dass das Deutschlandticket auch auf einem guten Weg ist, sein zweites Ziel zu erreichen: den Ausbau klimafreundlicher Mobilität.

Mit dem Deutschlandticket ernten wir also schon jetzt die am niedrigsten hängenden Früchte der Verkehrswende. Aber das reicht uns noch nicht: Wir müssen weitere Weichen stellen, die es noch mehr Menschen ermöglichen, öfter oder ganz vom Auto auf den Nahverkehr umzusteigen.

Zentrale Bausteine dafür sind Sanierung und Ausbau der Schienenwege – längst überfällige Maßnahmen, die von der Vorgängerregierung jahrzehntelang schleifen gelassen wurden. Auch bei der Pünktlichkeit der Bahn müssen wir ansetzen, damit sich die Passagiere auf eine zuverlässige Anbindung verlassen können. Zur Lösung dieser Probleme haben wir bereits das Bundesschienenwegeausbaugesetz auf den Weg gebracht.

Besonders im ländlichen Raum müssen wir Aus- und Neubau schnell vorantreiben. Auch dort muss nicht nur der Kostenpunkt, sondern ein gutes Beförderungsangebot überzeugen, damit der ÖPNV eine Alternative zum motorisierten Individualverkehr darstellt. Zur Ehrlichkeit gehört, dass Menschen in vielen ländlichen Regionen noch nicht vom Deutschlandticket überzeugt sind.

Wir verstehen, dass das Angebot des Deutschlandtickets hier teilweise nicht attraktiv erscheint. Das bedeutet, dass der ÖPNV im ländlichen Raum besser werden muss. Einige Positivbeispiele zeigen bereits, dass das gelingen kann: Bei dem ostfriesischen Verkehrsverbund Ems-Jade etwa, wo seit Einführung des Tickets die Buslinien stärker frequentiert sind, insbesondere da, wo das Angebot kürzlich ausgeweitet wurde.

Regionale Sonderangebote halten wir für einen Irrweg – und für ein Zurück zu Tarifgrenzen und Tarifdschungel. Vielmehr sollten der Bund und die Länder ihre Synergieeffekte nutzen, um finanzielle Mittel für ein noch besseres Angebot freizusetzen. Für ein zukunftsfähiges und attraktives Deutschlandticket, dem es noch besser gelingt, eine Brücke zwischen einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis und gesellschaftlicher sowie politischer Akzeptanz zu schlagen.

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